Wie wir festgestellt haben, lassen die Wahlprogramme der Parteien hinsichtlich Reformen, die die finanzielle Solidität der gesetzlichen umlagefinanzierten Rente sichern würden, zu wünschen übrig. Doch möglicherweise könnten tiefgreifende Reformen langfristig die Finanzierung der gesetzlichen Rente auf eine solidere Basis stellen. Eine Möglichkeit ist die Umstellung oder Ergänzung durch eine kapitalgedeckte gesetzliche Rente.
Vorteile der Kapitaldeckung
Das bisherige umlagefinanzierte Rentensystem gerät bei dauerhaften demographischen Veränderungen hin zu einer älteren Bevölkerung in Schieflage, da kleinere jüngere Jahrgänge die Renten der größeren älteren Jahrgänge finanzieren müssen. Bei einer kapitalgedeckten Rentenversicherung ist dies nicht der Fall. Den Auszahlungen stehen angesparte Beiträge aus der Vergangenheit gegenüber. Relativ hohe Renditen, die etwa in der Vergangenheit durch langfristige Investments in Aktien erzielt wurden, könnten zudem höhere Rentenzahlungen beziehungsweise geringere Beiträge während der Ansparphase langfristig ermöglichen.
Jamaika-Parteien mit Konzepten
Angesichts dieser Vorteile überrascht es nicht, dass in einigen Wahlprogrammen Vorschläge für eine kapitalgedeckte gesetzliche Rente zu finden sind. Nur die Linkspartei lehnt eine Kapitaldeckung generell ab. Bei SPD und AfD lassen sich weder Konzepte für eine kapitalgedeckte gesetzliche Rente noch eine generelle Ablehnung in den Wahlprogrammen finden. Die Parteien einer potenziellen Jamaika-Koalition, Union, Grüne und FDP, versprechen dagegen ihren Wählern in unterschiedlicher Form eine Reform der gesetzlichen Rente hin zu einer stärkeren Kapitaldeckung.
Am unspezifischsten sind die Pläne der Union. Sie möchte eine „Generationenrente“ einführen. Dabei sollen bereits ab Geburt Beiträge in einen Pensionsfonds eingezahlt werden, der vor staatlichem Zugriff geschützt werden soll. Details verrät die Union nicht.
Die Grünen werden bei ihrer Fondsidee konkreter. Ein öffentlich verwalteter „Bürgerfonds“ soll das Umlagesystem ergänzen. Entfallen sollen dafür die Fördermaßnahmen der Riester- und Rürup-Rente. In den Bürgerfonds sollen alle einzahlen, die sich nicht aktiv dagegen aussprechen. Ziel ist es, einen möglichst großvolumigen Fonds zu errichten, mit entsprechend geringen relativen Verwaltungskosten. Der Fonds soll politisch unabhängig verwaltet werden, sich jedoch bei der Anlage an Nachhaltigkeitskriterien orientieren. Unternehmen sollen zudem den Bürgerfonds ihren Mitarbeitern auch als Mittel der betrieblichen Altersvorsorge anbieten können.
Der Vorschlag einer kapitalgedeckten Rente findet im Wahlprogramm der FDP seine deutlichste Ausprägung. So möchten die Freien Demokraten die Altersvorsorge nach einem „Baukastenprinzip“, bestehend aus der gesetzlichen Rente sowie privater und betrieblicher Vorsorge, zu einer „enkelfitten Rente“ umwandeln. Eine sogenannte Aktienrente nach dem Vorbild Schwedens soll die gesetzliche Rente weniger anfällig für demographische Änderungen machen und das Rentenniveau langfristig steigern.
Mit der Aktienrente wird ein Teil der verpflichtenden Beiträge, gemäß dem Vorschlag der FDP zwei Prozentpunkte, in einen unabhängig verwaltetet Fonds fließen. Der andere Teil fließt nach wie vor in die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung. Der Fonds legt die Beiträge weltweit diversifiziert an, sodass die Altersvorsorge über den Kapitalmarkt risikoarm ermöglicht wird.
Mögliche Überschneidungen
Sowohl FDP als auch Grüne verfolgen ähnliche Ansätze. Während die Grünen ihren Bürgerfonds vor allem als Alternative zur bisher geförderten privaten Altersvorsorge sehen, ist die Aktienrente der FDP eher als Teilalternative zum Umlagesystem angelegt.
Beide wollen allerdings ihre Fonds aus Beiträgen der Rentenversicherung aufbauen. Die Grünen wollen zusätzliche Beiträge erheben, die in einen Fonds fließen. Das FDP-Konzept sieht dagegen vor ein Teil der bisherigen Beiträge in einen Fonds fließen zu lassen. Die daraus entstehende Lücke im Umlagesystem würde mit Steuerzuschüssen bzw. neuen Schulden finanziert. Inwiefern das Konzept der Union ebenfalls auf Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufbaut, ist unklar.
Angesichts des noch recht offenen Konzepts der Union und den relativ ähnlichen Konzepten von FDP und Grünen sollte bei möglichen Koalitionsverhandlungen der drei Parteien eine Einigung möglich sein.
Politische Unabhängigkeit gewährleistet?
Es ist erfreulich, dass in die Wahlprogramme einiger Parteien konkrete Konzepte für eine stärker kapitalgedeckte Rentenversicherung aufgenommen wurden. Auch wenn die Vorschläge zaghaft sind und nur eine Ergänzung der Umlagefinanzierung durch eine Kapitaldeckung vorsehen, sind diese ersten Schritte zu begrüßen. Eine stärkere Umlagefinanzierung kann dazu beitragen, dank höherer Renditen am Kapitalmarkt die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern und robuster gegen demographische Veränderungen zu machen. Die zahlreichen Nachteile der gesetzlichen Rentenversicherung, etwa dass die Versicherten nicht über ihr angespartes Vermögen verfügen können, werden allerdings nicht durch die Vorschläge beseitigt.
Schließlich geben die Parteien noch keine konkreten Antworten darauf, wie sichergestellt werden kann, dass die Kapitaldeckung über breit gestreute Portfolios erfolgt und Kapital nicht in politisch opportune Unternehmungen umgeleitet wird. Die Problematik wird benannt, aber Lösungsvorschläge werden nicht unterbreitet. Im Fall der Grünen wird gar im gleichen Atemzug die politische Unabhängigkeit und die Investition der Mittel ausschließlich in nachhaltige Investments gefordert. Nach politisch unabhängigem Fondsmanagement hört sich das nicht an.
Welche Pläne die Parteien bezüglich der privaten Vorsorge in ihren Wahlprogrammen vorschlagen, werden wir in einem weiteren Beitrag betrachten.
Erschienen bei: IREF. Mitautor: Florian Rösch