Private Krankenhäuser: Profit statt Patientenwohl?

Private Krankenhäuser: Profit statt Patientenwohl?

Die Privatisierung staatlicher Einrichtungen stößt oft auf Widerstand. Insbesondere wenn es um die Gesundheitsversorgung geht, scheinen die Privatisierungsvorbehalte massiv zu sein. Bei einer Umfrage von Forsa im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes gaben 72 % der Befragten an, dass Krankenhäuser vom Staat bereitgestellt werden sollten. Immerhin 23 % der Befragten gaben an, dass Krankenhäuser ebenso gut von privaten Trägern betrieben werden könnten. Nur 4 % sprachen sich dafür aus, Krankenhäuser zu privatisieren. Diese Ergebnisse sind erstaunlich, da private Krankenhäuser weit verbreitet sind und ihre Qualität nicht schlechter ist als die staatlicher Einrichtungen.

Mehr private als staatliche Krankenhäuser

Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass es 2016 in Deutschland 707 private Krankenhäuser gab. Der Anteil lag damit bei 36 %. Nur 29 % aller Krankenhäuser sind in staatlichem Besitz. Hinzu kommen freigemeinnützige Krankenhäuser von meist kirchlichen Trägern, die knapp 35 % der Krankenhäuser ausmachen.

Insgesamt ist damit nur etwa jedes dritte deutsche Krankenhaus in staatlicher Hand. Seit den 90er Jahren hat sich der Anteil der privaten Krankenhäuser fast verdoppelt.

Obwohl die staatlichen Krankenhäuser weniger als ein Drittel aller Krankenhäuser ausmachen, ist dort fast die Hälfte aller Krankenhausbetten zu finden. Staatliche Krankenhäuser sind im Vergleich zu privaten Krankenhäusern im Durchschnitt deutlich größer.

Stärkere Anreize für Private

Die Finanzierung privater Krankenhäuser wird im Gegensatz zur Finanzierung staatlicher Einrichtungen freiwillig von Privatpersonen bereitgestellt. Im Gegenzug haben Anteilseigner eines privaten Krankenhauses ein Anrecht auf das Residuum, welches nach Abzug der Kosten übrigbleibt: den Gewinn. Daher haben sie einen stärkeren Anreiz, sowohl qualitätssteigernde als auch kostensenkende Innovationen voranzutreiben.

Bei staatlichen Krankenhäusern gibt es keine Eigentümer, die von möglichen Gewinnen direkt profitieren. Daher haben Politiker, leitende Angestellte und Beamte einen schwächeren Anreiz, auf eine effizientere Verwendung von Ressourcen hinzuwirken.

Politiker scheuen Veränderung

Zudem scheuen sich Kommunalpolitiker, schmerzhafte Anpassungen in den kommunalen Krankenhäusern vorzunehmen, da sie um ihre Wiederwahl fürchten müssen. Aus ähnlichen Gründen könnten Kommunalpolitiker einen Anreiz haben, zu große Krankenhäuser in ihrer Kommune zu betreiben. Die verhältnismäßig hohen Bettenzahlen in staatlichen Krankenhäusern widersprechen dieser These zumindest nicht.

Schlechte private Kliniken überleben nicht

Wenn private Krankenhäuser gut gemanagt werden, erwirtschaften sie Gewinne, während nicht erfolgreich geführte Einrichtungen auf Dauer vom Markt verschwinden. Dies bedeutet nicht, dass die Krankenhäuser zwangsläufig schließen, sondern dass andere Betreiber die Chance bekommen, aus den Fehlern ihrer Vorgänger zu lernen. Bei staatlichen Krankenhäusern ist dies eher nicht der Fall. Schlecht geführte Häuser werden mit dem Geld der Steuerzahler tendenziell weiter betrieben und fortwährend schlecht gemanagt.

Private investieren mehr

Gutes Management zeigt sich unter anderem daran, inwieweit Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen. Private Krankenhäuser nutzen einen größeren Teil ihrer Erlöse für Investitionen, um auch in Zukunft ihren Patienten attraktive Leistungen anbieten zu können. Das RWI Essen hat für das Jahr 2013 ausgerechnet, dass lediglich 7 % der privaten Allgemeinkrankenhäuser nicht investitionsfähig waren. Bei staatlichen Krankenhäusern traf dieser ernüchternde Befund auf 62 % der Häuser zu.

Weniger öffentliche Förderung, mehr gezahlte Steuern

Das RWI hat weiterhin ausgerechnet, dass private Krankenhäuser deutlich weniger staatliche Fördermittel in Anspruch nehmen. Private Krankenhäuser zahlen zudem deutlich mehr Steuern. So entlasten sie in doppelter Hinsicht die öffentlichen Haushalte.

Pflege in privaten und staatlichen Krankenhäusern ähnlich

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die privaten Klinikbetreiber relativ zu staatlichen Trägern an der Pflege sparen, um Gewinne zu erwirtschaften. Erhältliche Kennzahlen – Vollkräfte in der Pflege in Relation zu Belegungstagen, Vollkräfte in der Pflege in Relation zu Casemix-Punkten und Vollkräfte in der Pflege in Relation zur Anzahl der Fälle – zeigen keine gravierenden Unterschiede zwischen der Situation der Pflege in privaten und staatlichen Kliniken. In privaten und gemeinnützigen Allgemeinkrankenhäusern ist der Anteil des Pflegepersonals (umgerechnet in Vollzeitkräfte) am Gesamtpersonal mit jeweils 39 % gar am höchsten. In staatlichen Allgemeinkrankenhäusern beträgt der Pflegeanteil nur 34 %.

Die Qualität stimmt

Eine weitere Sorge der Privatisierungsgegner ist, dass unter dem Kostendruck die Qualität der Behandlung leidet. Dies scheint nicht der Fall zu sein. So ist die risikoadjustierte Rate der postoperativen Wundinfektion in privaten Krankenhäusern niedriger als in staatlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern. Nach Berechnungen des RWI sind auch bei anderen Indikatoren – beispielsweise der risikoadjustierten Rate an Todesfällen – private Kliniken nicht schlechter als staatliche.

Einer vom RWI ausgewerteten Umfrage der Techniker Krankenkasse zufolge gibt es außerdem keine Unterschiede bei der Zufriedenheit der Patienten von privaten und staatlichen Krankenhäusern.

Verbliebene staatliche Krankenhäuser privatisieren

Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten sehr gute Erfahrungen mit privaten Krankenhausträgern gemacht. Sie bieten keine schlechtere Qualität für die Patienten – tendenziell sogar bessere. Sie nutzen weniger staatliche Fördermittel, zahlen mehr Steuern und investieren kräftig.

Die Privatisierung der verbleibenden staatlichen Krankenhäuser wäre keine Revolution, sondern eine auf positiven Erfahrungen beruhende konsequente Fortschreibung der Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Erschienen bei: IREF.

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