Der Preisträger des diesjährigen Friedensnobelpreises war eine echte Überraschung. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wurde ausgezeichnet „for its efforts to combat hunger, for its contribution to bettering conditions for peace in conflict-affected areas and for acting as a driving force in efforts to prevent the use of hunger as a weapon of war and conflict.“ In den Wettbüros wurden zuvor vor allem die Weltgesundheitsorganisation und Greta Thunberg als Favoriten gehandelt. Das Welternährungsprogramm hatten die wenigsten auf dem Wettzettel.
Der Kampf gegen Hunger, dem sich das Welternährungsprogramm verschrieben hat, ist zweifelslos eine wichtige Herausforderung. Doch gibt es erhebliche Zweifel, ob das Welternährungsprogramm die ihm anvertrauten umfangreichen Ressourcen bestmöglich einsetzt. Vor diesem Hintergrund kam die Auszeichnung nicht nur überraschend, sondern ist auch im Nachhinein nur schwer nachvollziehbar.
Was macht das WFP?
Das Welternährungsprogramm mit Sitz in Rom betreibt eine Kombination aus klassischer Entwicklungshilfe sowie Not- und Katastrophenhilfe, insbesondere in Konfliktregionen.
Das Budget lag im Jahr 2018 bei 6,3 Milliarden Dollar. Insgesamt arbeiten circa 17.000 Personen für das Welternährungsprogramm. Die administrativen Kosten beziffert das Welternährungsprogramm selbst auf 335,4 Millionen Dollar.
Deutschland ist mit 0,85 Milliarden Dollar der drittgrößte Geldgeber nach der EU (1,1 Milliarden) und den Vereinigten Staaten (2,5 Milliarden Dollar).
Welternährungsprogramm: Best Practice? Fehlanzeige
Unter den großen Entwicklungsorganisationen gilt das Welternährungsprogramm als besonders ineffizient. In einer Studie aus dem Jahr 2008 untersuchten die Ökonomen William Easterly and Tobias Pfutze 31 nationale Entwicklungshilfeorganisationen und 17 multinationale Organisationen. Die beiden Wissenschaftler betrachteten nicht die Wirksamkeit der Organisationen direkt, sondern inwieweit Organisationen sich an „Best Practices“ der Entwicklungshilfe orientieren. Insgesamt erfasst die Studie vier Bereiche: Spezialisierung, Selektivität, ineffektive Hilfskanäle und Overhead-Kosten. Der Bereich „Spezialisierung“ erfasst, auf wie viele Länder und Sektoren sich die Organisation bei ihrer Arbeit konzentriert. Unter „Selektivität“ untersuchen die beiden Autoren, inwiefern Hilfe an korrupte Autokraten vermieden wird und ob vor allem die ärmsten Länder adressiert werden. „Ineffektive Hilfskanäle“ misst, inwieweit Hilfe an politische Ziele gebunden ist oder aus Nahrungsmittelhilfe oder technischer Hilfe besteht. Die „Overhead-Kosten“ beschreiben die Verwaltungskosten im Verhältnis zur geleisteten Hilfe.
Im Gesamtranking belegt das Welternährungsprogramm den letzten Platz aller berücksichtigten Organisationen. Besonders hoch scheint beispielsweise der Personaleinsatz des Welternährungsprogramms zu sein. Easterly und Pfutze zu Folge lagen die Hilfsleistungen pro Mitarbeiter des Welternährungsprogramms bei 30.000 US-Dollar. Zum Vergleich: Norwegen und Italien zahlten mehr als 10 Millionen US-Dollar pro Mitarbeiter an Entwicklungshilfe aus – ein Unterschied um den Faktor 400, wie die Autoren betonen.
Keine Besserung in Sicht
Eine neuere Studie aus dem Jahr 2018 legt nicht nahe, dass sich der Einsatz von Ressourcen beim Welternährungsprogramm maßgeblich verbessert hat. Die Studie des Center for Global Development untersuchte 27 nationale und 13 multinationale Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Grundlage waren 24 Indikatoren in den Bereichen „Maximierung der Effizienz“, „Institutionen fördern“, „Belastung reduzieren“ und „Transparenz und Lernen“.
Insgesamt schnitt das Welternährungsprogramm auch hier am schlechtesten ab, mit großem Abstand. Auch die bilaterale deutsche Entwicklungshilfe schneidet unrühmlich ab und belegt den viertletzten Platz.
Effizienter Ressourceneinsatz kann Menschenleben retten
Menschen unter schwierigen Umständen zu helfen, wie es das Welternährungsprogramm tut, ist eine wichtige Aufgabe. Mit den knappen zumeist von Steuerzahlern bereitgestellten Ressourcen sollten die Organisationen entsprechend umsichtig umgehen und sie möglichst effektiv einsetzen. Je effektiver die Mittel eingesetzt werden, desto mehr Menschenleben können gerettet werden.
Der Vergleich des Welternährungsprogramms mit anderen nationalen und internationalen Hilfsorgansationen deutet stark darauf hin, dass die vom Welternährungsprogramm eingesetzten Ressourcen von anderen Organisationen wirkungsmächtiger eingesetzt worden wären. Besonders wirksame NGOs lassen sich auf den Seiten von Givewell finden, die NGOs nach ihrem Kosten-Nutzen-Verhältnis evaluiert. Unter den Top-Organisationen finden sich vor allem jene, die sich gegen Malaria, für Nahrungsergänzung und Entwurmung einsetzen.
Die Bemühungen um den sehr erfolgreichen Kampf gegen Hunger auszuzeichnen, ist ein begrüßenswertes Ansinnen, wie auch die Bemühungen selbst, zum Beispiel die der 17.000 Mitarbeiter des Welternährungsprogramms. Doch gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht. Mit dem Welternährungsprogramm wurde die falsche Organisation ausgezeichnet und ein fragwürdiges Signal an all die Hilfsorganisationen und ihre Mitarbeiter gesandt, die es besser machen.
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Erschienen bei: IREF. Mitautor: Dr. Alexander Fink.