Amazon, Zalando, HelloFresh und andere Onlineanbieter erfreuen sich hoher Nachfrage nach ihren Diensten und konnten ihren Marktwert an der Börse in den vergangenen Monaten deutlich steigern, Corona sei Dank. Der Onlinehandel boomt jedoch nicht erst seit Corona und die Konsumenten sind dennoch weiterhin weit davon entfernt, „alles“ online zu kaufen.
Corona und Onlinehandel: Gewinner und Verlierer
Der Onlinehandel wird häufig pauschal als einer der großen Gewinner der Corona-Krise wahrgenommen. Abgeordnete der Union forderten vor diesem Hintergrund eine Paketsteuer, die den stationären Handel finanziell stützten sollte.
Die Ergebnisse einer im November 2020 europaweit erfolgten Befragung von Onlinehändlernzeichnen ein differenzierteres Bild. Längst nicht alle Onlinehändler erwarteten von der noch immer nicht überstandenen Pandemie zu profitieren. Etwa ein Drittel der Befragten rechnete mit positiven Auswirkungen der Corona-Krise auf den Onlinehandel. Gut 15 Prozent der Befragten erwarteten in Summe weder positive noch negative Effekte für ihren Geschäftsbereich. Knapp die Hälfte der befragten Onlinehändler ging von negativen Kriseneffekten für den E-Commerce aus.
Die Antworten der Onlinehändler sollten nicht zu sehr überraschen. Durch Corona shoppen Konsumenten relativ häufiger online. Dieser Effekt hilft dem Onlinehandel. Es gibt jedoch potentiell einen gegenläufigen Effekt, verursacht durch den konjunkturellen Einbruch. Sinkende Einkommen und eine höhere Zukunftsunsicherheit lassen Haushalte und Unternehmen ihre Ausgaben für Konsum und Investitionen einschränken. Welcher der beiden Effekte – relativer Zugewinn vs. allgemeine konjunkturelle Delle – für den Onlinehandel über die gesamte Dauer der Pandemie überwiegen wird, ist heute noch nicht klar und war im Herbst 2020 noch unsicherer.
Deutliche Steigerung in den letzten zehn Jahren
In der Zwischenzeit offenbart ein Blick auf den Anteil des Versand- und Internethandels, dass der stationäre Handel 2020 weiter Marktanteile einbüßte, auch durch Corona. Im Einzelhandel wurden im Jahr 2020 mehr als 528 Milliarden Euro umgesetzt. Der Umsatz im Jahr 2020 lag damit über den Umsätzen im Vorjahr, die sich auf gut 521 Milliarden Euro beliefen.
Im Jahr 2020 machten Versand- und Internethandel am gesamten Einzelhandel 15 Prozent aus. Wir Konsumenten sind also weit davon entfernt, „alles“ bei Amazon und Co zu bestellen. Aber wir tun es heute deutlich häufiger als noch vor zehn Jahren. Damals lag der Online-Anteil noch bei 6 Prozent und befand sich damit etwa auf dem Niveau der 1990er Jahre.
So richtig zog der Onlinehandel also erst ab 2010 an. Corona hat diese Entwicklung verstärkt. Ohne die Pandemie wäre der Anteil von 15 Prozent am gesamten Einzelhandel vermutlich noch nicht im Jahr 2020 erreicht worden.
Lieber Online: Unterscheide nach Produkten deutlich
Die meisten Güter lassen sich heute online kaufen. Aber längst nicht alle Menschen machen davon Gebrauch. In einer von Statista 2018 durchgeführten Umfrage gaben 69 Prozent der Teilnehmer an, Kleidung online zu kaufen. Bei Lebensmitteln und Getränken traf das nur auf 18 Prozent der Befragten zu.
Bezahlmethoden: Deutsche setzen auf Bewährtes
Wenn es online ans Bezahlen geht, lassen sich viele Käufer zunächst eine Rechnung zustellen. Den Ergebnissen einer Erhebung aus dem Jahr 2019 zufolge wurden über 30 Prozent der Onlineumsätze auf Rechnung gekauft. Es folgen Paypal und der klassische Bankeinzug bzw. das Lastschriftverfahren mit etwa 20 Prozent. Kreditkarten sind mit etwas über 10 Prozent bereits weiter abgeschlagen vor weiteren Bezahlmöglichkeiten.
Onlineumsatz: Amazon führt mit Abstand
Mit großem Abstand am meisten Zahlungen erreichten unter den Onlinehändlern in Deutschland Amazon, das 2019 über seinen Onlineshop einen Umsatz von über zehn Milliarden Euro erzielte. Es folgen Otto, Zalando und MediaMarkt, die 2019 online alle über eine Milliarde Euro Umsatz machten.
Langfristige Folgen noch unklar
Im Onlinehandel gibt es nicht nur Krisengewinner. Zwar konnten die Onlinehändler relativ zum stationären Einzelhandel im Krisenjahr 2020 zulegen, doch auch schon zuvor bestand ein positiver Trend. Wie sehr der Onlinehandel durch Corona auch langfristig profitiert, kann erst nach der Pandemie abschließend abgeschätzt werden. Von den anteiligen Transaktionen, die jetzt online und nicht mehr im stationären Handel stattfinden, werden nicht alle zukünftig wieder im stationären Handel erfolgen. Es ist deshalb zu erwarten, dass Corona dem Onlinehandel kurzfristig zu einem deutlichen zusätzlichen Schub verholfen hat, der sich auch langfristig positiv auf den Onlinehandel auswirken wird.
Erschienen bei: IREF. Mitautor: Dr. Alexander Fink.