Ökonomen wälzen Zahlen, werten Statistiken aus, verstehen Positivsummenspiele und beschäftigen sich mit Weihnachten. Tatsächlich! Was Ökonomen über Weihnachten herausgefunden haben, reicht von praktisch bis kurios. Für das diesjährige Weihnachtsfest haben wir einige nützliche Tipps zusammengestellt. Wir erklären, von welchen Geschenken Sie Abstand nehmen sollten, warum Investmentbanker schuld an hohen Weihnachtsbaumpreisen sind und eine Investition in neuseeländische Aktien eine Überlegung wert ist.
Weihnachtssause in Neuseeland
Weihnachten geht auch an Investoren nicht spurlos vorbei. Mehrere empirische Studien lassen den Schluss zu, dass die Renditen in der Vorweihnachtszeit besonders hoch sind. Dies widerspricht der Hypothese effizienter Finanzmärkte, die auf den Nobelpreisträger Eugene Fama zurückgeht. Sie besagt, dass rationale Investoren diesen Effekt sofort ausnutzen würden, sodass er umgehend verschwindet.
Eine einfache aber dennoch überzeugende Erklärung für seinen Fortbestand liefern Marett und Worthingen. Investoren seien schlicht in guter Weihnachtslaune, euphorisch, kaufen deswegen mehr Aktien und lassen so deren Preise steigen. Doch die weihnachtliche Extrarendite nahm im Laufe der Zeit ab. So haben Forscher im Jahr 2005 herausgefunden, dass der Effekt vor allem in dem hoch entwickelten US-Finanzmarkt zurückgegangen ist. In Neuseeland dagegen konnten Wissenschaftler vier Jahre später feststellen, dass der vorweihnachtliche Extrarenditeschub sogar angestiegen war. Vergessen sie Bitcoin, investieren Sie nächstes Jahr in der Vorweihnachtszeit in Neuseeland!
Das Geschenkeparadoxon
Ausgestattet mit dicken Gewinnen aus der vorweihnachtlichen Börsenspekulation in Neuseeland, können Sie sich nun den Geschenken widmen. Weihnachtsgeschenke sind toll – meistens.
Wenn sie am 24. Dezember abends aber feststellen, dass der praktische Raumduft „Hühnersuppe“oder das schöne Geschirr von den Schwiegereltern doch keine Volltreffer waren, dann wird Ihnen klar, was Ökonomen unter Wohlfahrtsverlusten durch Geschenke verstehen. Darunter ist die Differenz zwischen dem, was der Beschenkte bereit gewesen wäre für das Geschenk zu zahlen und dem Preis des Geschenks, den der Schenkende zahlte, zu verstehen.
Der 1993 im American Economic Review veröffentlichte Beitrag von Joel Waldfogel bezifferte die Wohlfahrtsverluste durch Geschenke auf bis zu 33 %. Ökonomen sind sich jedoch häufig nicht einig, so auch beim Thema Weihnachtsgeschenke. Eine Studie von List und Shogren aus dem Jahr 1998 kommt zu dem Schluss, dass der von Waldfogel entdeckte negative Wohlfahrtseffekt verschwindet und gar Wohlfahrtsgewinne durch Geschenke entstehen können, wenn anstatt hypothetischer Präsente tatsächliche Geschenke untersucht werden.
Allerdings berücksichtigen weder Waldfogel noch List die nicht-monetären Kosten der Beschaffung eines Geschenks. Menschen investieren Zeit in die Suche und die Auswahl von Geschenken. Außerdem mag die Angelegenheit mit emotionalen Kosten einhergehen, denn so Manche von uns fürchten, das falsche Geschenk gekauft zu haben. Warum schenken wir uns gegenseitig Zeug, obwohl wir so danebenliegen können?
Eine Lösung des Problems wäre es, Bargeld zu verschenken. Damit könnten sich die Beschenkten ihre Wünsche selbst erfüllen. So könnte der Wohlfahrtsverlust und die zusätzlichen nicht-monetären Kosten vermieden werden. Allerdings werden Bargeldgeschenk oft als zu unpersönlich wahrgenommen. Mit einem Bargeldgeschenk signalisiert der Schenkende, dass er sich nicht besonders viel Mühe gegeben hat, das richtige Geschenk zu finden.
Großeltern schenken besser Bargeld
Waldfogels Studie zufolge verschenkten 43 % der Großeltern Bargeld. Geben sich ältere Menschen weniger Mühe beim Aussuchen von Geschenken? Wahrscheinlich können ältere Menschen schlechter einschätzen, was ihren Enkeln gefällt. Dies zeigt sich auch daran, dass bei nicht-monetären Geschenken an ihre Enkel der Wohlfahrtsverlust mit 37 % noch etwas höher ausfällt als beim durchschnittlichen Schenken. Das erklärt vielleicht, warum wir bei Großeltern nachsichtiger sind und uns über Bargeld freuen.
Ikea-Gutschein hui, Schmuck-Gutschein pfui
Der geübte Weihnachtsshopper hat das Dilemma mit den Geschenken erkannt und eine findige Lösung erdacht: Gutscheine. Sie scheinen der goldene Mittelweg zwischen Nichts-Falsches-kaufen und einem persönlichen Geschenk zu sein – leider nicht ganz. Auch hier kann der Wohlfahrtsverlust bei bis zu 15 % liegen. Dies hat die Ökonomin Jennifer Pate Offenberg durch eine Analyse der Preise für Gutscheine auf eBay errechnet. Doch es gibt große Unterschiede. So weisen Gutscheine für Einrichtungsgeschäfte den geringsten Wohlfahrtsverlust auf, während Schmuckgeschäfte und Klamottengutscheine auf besonders wenig Wertschätzung stoßen: Mit Ikea-Gutscheinen machen Sie weniger falsch als mit Gutscheinen für Schmuck.
Lösung: Klein aber oho!
Auch wenn viele Menschen selbst über langjährige Erfahrung im Schenken verfügen, scheinen sie den Einfluss teurer Geschenke falsch zu interpretieren. Es scheint keinen Zusammenhangzwischen dem Preis für ein Geschenk und der Wertschätzung des Empfängers zu geben. Für den altruistischen Schenker, der auch sein eigenes Wohl in Betracht zieht, sind also kleine bedeutungsvolle Geschenke, mit denen er seinen Aufwand und das Interesse an dem Beschenkten signalisieren kann, genau das Richtige.
Lehman Brothers und Weihnachtsbäume
Die Geschenke brauchen natürlich auch einen Baum, unter den sie gelegt werden können. Zehn Jahre nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers kommt die Krise laut amerikanischen TV Berichten auch auf dem US-Weihnachtsbaummarkt an. Im Zuge der Finanzkrise gaben viele Weihnachtsbaumhersteller ihren Betrieb auf. Daher wurden in den darauffolgenden Jahren weniger Bäume angepflanzt. Da die Bäumchen zwischen acht und zwölf Jahre zum Wachsen benötigen, ist das Weihnachtsbaumangebot nun relativ knapp und die Preise sind entsprechend hoch. Darauf deuten auch die durchschnittlichen Preise für Weihnachtsbäume in den USA und Deutschland hin. Diese sind bis 2014 in Deutschland und den USA auf einem ähnlich hohen Niveau. Ab 2015 machten sich die durch die Finanzkrise verursachten Pleiten der US-Baumzüchter bemerkbar – die Preise stiegen deutlich.
Übrigens sollten Sie sich nicht weiter über Weihnachtsbäume informieren! Eine Studie hat bereits im Jahr 1993 herausgefunden, dass Menschen, die sich mit Weihnachtsbäumen gut auskennen, eine höhere Zahlungsbereitschaft haben. Wenn Sie also eine Nordmanntanne nicht von einer Fichte unterscheiden können, dann stehen Ihnen günstige Weihnachten ins Haus.
Pinot Grigio in Maßen genießen
Sie haben sich doch über Tannen informiert, das falsche Geschenk bekommen oder die Schwiegereltern bleiben doch länger als geplant? Sie sollten darauf verzichten, sich mit zu viel Pinot Grigio darüber hinwegzutrösten. Zwei Studien aus Finnland zeigen, dass der erhöhte Alkoholkonsum zum Fest zu mehr tödlichen Unfällen und zu mehr Alkoholvergiftungen führt.
Die Weihnachtszeit scheint ohnehin gefährlich zu sein. Forscher fanden heraus, dass die Sterberate um die Weihnachtstage und Silvester erhöht ist. Dies kann nicht auf eine erhöhte Selbstmordrate zurückgeführt werden – diese ist Weihnachten besonders niedrig. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Notaufnahmen in der Weihnachtszeit überlastet sind – siehe die vermehrten Unfälle von weiter oben.
Flying home for Christmas?
Sollten Sie ein versierter Nordmanntannenkenner sein, dann sollten Sie sich angesichts ihrer horrenden Ausgaben für den Weihnachtsbaum gut überlegen, ob sie eine Flugreise während der Feiertage antreten möchten. Flugtickets sind nämlich während der Weihnachtszeit teurer.Vermutlich ist das einer der Gründe für den Weihnachtsmann auf das Substitut Schlitten zurückzugreifen.
Auch die Fluggesellschaften leisten im Übrigen ihren Beitrag zur weihnachtlichen Stimmung. Die Flugmuster ändern sich zu Weihnachten auf eine erstaunliche Art und Weise. In normalen Zeiten starten Airlines von einigen wenigen Stützpunkten und fliegen zu diesen wieder zurück. Weihnachten jedoch fliegt zumindest Austrian Airlines einer Untersuchung zufolge (Weihnachts-)Sternmuster.
Frohe Weihnachten!
Dieser Artikel ist inspiriert durch „CHRISTMAS ECONOMICS – A SLEIGH RIDE“
von Laura Birg und Anna Goeddeke. Alle Fehler sind unsere, die meisten Witze sind ihre.
Erschienen bei: IREF.