Die deutsche Bundesregierung scheut nach wie vor ein Embargo russischer Gas- und Öllieferungen als Antwort auf Russlands blutigen Krieg in der Ukraine. Offenbar möchte Berlin seiner Bevölkerung nicht noch höhere Gas- und Ölpreise zumuten. Schon jetzt stöhnen Deutschlands Autofahrer unter hohen Spritpreisen und erste Rufe werden laut, den Preisanstieg bei Kraftstoffen und Gas für private Verbraucher zu begrenzen. So plant die Ampelkoalition die Energiesteuer auf Kraftstoffe für 3 Monate zu senken, um die Kosten an der Tankstelle zu reduzieren.
Reale Preisentwicklung von Kraftstoff
Der Liter Superbenzin kostete im Februar im Durchschnitt 1,78 Euro und erreichte damit einen historischen Höchststand. Kaufkraftbereinigt, also nach Berücksichtigung der Inflation, sind die Benzinpreise ebenfalls auf einem deutlich erhöhten Niveau, allerdings im Februar noch nicht so hoch wie etwa im Jahr 2012. Angesichts der deutlichen Preissteigerungen im März werden wohl jedoch die Benzinpreise auch real neue Rekordwerte erreichen.
Steuersenkungen auf Kraftstoff kontraproduktiv
Von einer Begrenzung der Preisanstiege, etwa durch Preisobergrenzen, Rabatte oder niedrigeren Steuern, z. B. der Energiesteuer, sollte die Politik Abstand nehmen. Zunächst ist nicht klar, in welchem Umfang die Steuerentlastung tatsächlich auch an die Verbraucher weitergegeben wird.
Sollte die Steuersenkung tatsächlich zu einer spürbaren Reduzierung des Preises führen, dann würde auch die Nachfrage nach Kraftstoffen trotz der angespannten Angebotslage nicht eingeschränkt werden, sondern wieder steigen.
Ein durch Steuersenkungen verursachter Rückgang der Kraftstoffpreise würde die Nutzung von Kraftstoffen relativ zu seinen Alternativen attraktiver machen. Die Verbraucher und Unternehmen würden daher etwas weniger auf Alternativen ausweichen, wie etwa die Nutzung alternativer Kraftstoffe, Technologien oder öffentliche Verkehrsmittel.
Die durch die hohen Preise ausgelöste Nachfragereduktion kann dazu beitragen, dass bei einem möglichen Embargo russischer Erdölerzeugnisse die zu schließende Importlücke geringer wird.
Bessere Alternative: Einkommensteuer senken, Sozialhilfe erhöhen
Möchte die Politik die Verbraucher auf Grund der höheren Preise für Kraftstoffe entlasten, sollte sie die Einkommensteuer senken und für Haushalte mit geringem Einkommen die Sozialtransfers erhöhen. Dies hätte mehrere Vorteile gegenüber einer Steuersenkung oder einem Rabatt auf Kraftstoffe.
Erstens könnten die Entlastungen und Transfers zielgerichtet erfolgen und sicherstellen, dass die Entlastung auch tatsächlich bei den Verbrauchern ankommt.
Zweitens würden die relativen Preise durch die Entlastung nicht verändert. Die weiterhin hohen Spritpreise würden den Verbrauchern eine relative Knappheit signalisieren und sie dazu animieren über Alternativen nachzudenken. Sicherlich würde auch ein Teil des höheren verfügbaren Einkommens darauf verwendet werden zusätzlich Kraftstoff zu verwenden, im Vergleich zu einer Situation ohne entlastende Maßnahmen. Diese Nachfragesteigerung wäre allerdings geringer als im Falle einer Entlastung über geringere Steuern auf Kraftstoffe.
Drittens würde der Verzicht auf eine Steuersenkung bei Kraftstoffen und stattdessen eine Einkommensteuersenkung dazu beitragen, dass langfristig das Verhältnis von Konsum zu Einkommensbesteuerung günstiger ausfällt. Wird das Steueraufkommen stärker durch Konsumsteuern gespeist statt durch Einkommensbesteuerung, kann sich dies langfristig positiv auf Produktivität, Investitionen und Einkommen auswirken.
Aktuelles Maßnahmenpaket: Licht und Schatten
Die Ampelkoalition hat inzwischen ein umfangreiches Entlastungspaket vorgelegt. Die von der Koalition geplante einmalige Entlastung über die Einkommensteuer in Höhe von 300 Euro ist ein erster richtiger Schritt. Ebenso sind die einmaligen Zuschüsse für Haushalte mit niedrigen Einkommen zu begrüßen. Die Senkung der Energiesteuer ist dagegen in der jetzigen Situation kontraproduktiv.
Erschienen bei: IREF.