Das Coronavirus hat sich schnell auf der ganzen Welt verbreitet. Gesundheitssysteme in einigen Industrieländern werden durch das Virus bis an den Rand ihrer Belastungsgrenze und darüber hinaus strapaziert. Auch in armen Ländern Afrikas ist das Virus inzwischen angekommen. Hier verbreitet es sich zwar langsam und trifft auf eine überwiegend junge Bevölkerung, dennoch wird mit Hinblick auf die relativ schlecht ausgestatteten Gesundheitssysteme befürchtet, das Coronavirus werde Menschen in ärmeren Ländern besonders stark treffen. Die medizinische Versorgung in diesen Ländern ist weit entfernt von westlichen Standards, doch ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt deutliche Verbesserungen. Die meisten armen Länder sind heute besser auf gesundheitliche Herausforderungen vorbereitet als vor 20 Jahren, auch auf eine Pandemie wie die gegenwärtige.
Gesundheitsausgaben weltweit
Die Ausstattung mit medizinischen Geräten, Verbrauchsmaterial, Medikamenten und ausgebildeten Fachkräften ist Grundlage einer hochwertigen medizinischen Versorgung. Die Höhe der Gesundheitsausgaben ist folglich ein Indikator dafür, ob diese notwendigen Ressourcen mobilisiert werden können.
Mit dem Einkommen steigen auch die Aufwendungen für Gesundheit. Im Jahr 2017 lagen die durchschnittlichen Gesundheitsausgaben kaufkraftbereinigt weltweit bei etwa 1.450 Dollar pro Kopf. Spitzenreiter sind die USA mit über 10.000 Dollar pro Jahr. Am geringsten sind die pro Kopf Aufwendungen im Kongo mit lediglich 37 Dollar pro Kopf. Die beiden Länder stehen stellvertretend für ihre Kontinente. Botswana und Südafrika stechen mit jeweils gut 1.000 Dollar pro Kopf positiv heraus. In Lateinamerika ist vor allem Venezuela mit gut 140 Dollar weit abgeschlagen, insbesondere im Vergleich mit Chile, Uruguay und Argentinien, wo jeweils um die 2.000 Dollar pro Jahr ausgegeben werden. In Asien sind abgesehen von Südkorea und Japan die Gesundheitsausgaben relativ niedrig, wenn auch im Durchschnitt höher als in den Ländern Afrikas.
Seit 2000 sind die Gesundheitsausgaben weltweit im Durchschnitt inflationsbereinigt um über 50 Prozent gestiegen. Der größte Anstieg ist in Ländern der beiden mittleren Einkommenskategorien zu beobachten. Auch in Ländern der untersten Einkommensgruppe sind die Ausgaben mit 65 Prozent überdurchschnittlich gestiegen. In der untersten Einkommensgruppe hat sich der Wert kaufkraftbereinigt von knapp 67 Dollar auf über 110 Dollar erhöht.
40 Dollar mehr pro Jahr hören sich vielleicht nicht nach viel an, können jedoch einen deutlichen Unterschied machen. So können mit wenigen zusätzlichen Mitteln bereits große Fortschritteerzielt werden, wenn dadurch Maßnahmen mit hohem Wirkungsgrad finanziert werden. Impfungen gehören beispielsweise zu den gesundheitlichen Maßnahmen mit dem besten Kosten-Wirkung-Verhältnis und sind zugleich in der Regel sehr günstig.
Bessere Versorgung kommt an
Zahlreiche empirische Untersuchungen bestätigen, dass höhere Gesundheitsausgaben in relativ armen Ländern mit der Verbesserung von Gesundheitsindikatoren einhergehen – etwa bezüglich Lebenserwartung, Kinder- und Säuglingssterblichkeit sowie Müttersterblichkeit.
So hat sich die Lebenserwartung in Afrika von gut 52 Jahre im Jahr 1990 auf über 63 Jahre im Jahr 2019 erhöht. In Asien ist im gleichen Zeitraum die Lebenserwartung von gut 64 Jahre auf über 73 Jahre gestiegen.
Die höhere Lebenserwartung bei Geburt ist unter anderem auf eine deutlich gesunkene Kindersterblichkeit zurückzuführen, die sich seit 1990 weltweit mehr als halbiert hat und in armen Regionen besonders stark gefallen ist. So ist der Anteil der bis zu ihrem fünften Lebensjahr verstorbenen Kinder in Subsahara-Afrika von 18 Prozent im Jahr 1990 auf unter 8 Prozent im Jahr 2017 gesunken.
Neben einem besseren Zugang zu sauberem Wasser und einer besseren Nahrungsversorgung sind es die oben erwähnten Impfungen, die maßgeblich dazu beitragen, potentiell tödliche Erkrankungen gerade bei Kindern zu verhindern. Der Anteil der Einjährigen mit Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten ist seit 1990 weltweit von gut 77 Prozent auf über 85 Prozent gestiegen. In Subsahara-Afrika lag die Quote im Jahr 1990 bei knapp 57 Prozent und erhöhte sich bis 2017 auf über 72 Prozent.
Besser vorbereitet
Die Gesundheitsversorgung ist in vielen Teilen der Welt weiterhin unzureichend, insbesondere in Subsahara-Afrika. Die Befürchtung, die Corona-Pandemie werde Personen in armen Ländern gesundheitlich besonders schwer treffen, ist vor diesem Hintergrund gerechtfertigt. Dennoch ist zu erwarten, dass die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in armen Ländern über die vergangenen Jahrzehnte auch dazu beitragen wird, die gesundheitlichen Folgen der aktuellen Pandemie einzudämmen. Denn es gibt überzeugende Hinweise darauf, dass schwere Verläufe einer Erkrankung mit COVID-19 vor allem bei Menschen mit gesundheitlichen Vorbelastungen auftreten, die heute bei Personen in armen Regionen dank eines besseren allgemeinen Gesundheitszustands seltener vorliegen sollten als in der Vergangenheit.
Nur kurzfristig dunkle Wolken
In den vergangenen Jahren gab es weltweit, vor allem auch in den ärmsten Ländern der Welt, deutliche Fortschritte in der Gesundheitsversorgung. Diese Entwicklung sollte einerseits einen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen der aktuellen Pandemie leisten und andererseits trotz der Sorgen um die aktuelle Situation für die langfristigen Aussichten optimistisch stimmen.
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Erschienen bei: IREF. Mitautor: Dr. Alexander Fink.